Donnerstag, 10. November 2005

Ein Tag unter Menschen (gestern)

Woher wissen die Punks eigentlich, dass sie aussteigen müssen? Kurz bevor die Kontrolleure einsteigen, steigen sie aus und nehmen ihre Hunde und den Gettoblaster mit, aber ohne Hast, alles ganz natürlich entspannt. Einigen der anderen Passagiere kann man - neben ihrer Erleichterung über die plötzliche Ruhe - schon fast ansehen, wie sehr sie sich ärgern, dass die Kontrolle nicht eine Station früher kam.

Papestraße denk ich immer, ich sitz im falschen Zug und bin gerade am Lehrter- Hauptbahnhof. Nichts gegen viel Platz, aber hier muss man sich doch wirklich verloren vorkommen. (Und was das wohl wieder gekostet hat!)

Das ernste Kind verschwindet beinahe in seinem riesigen Kapuzenpulli. Sehr konzentriert geht es die Straße entlang und hört auf das kleine schräpige Radio, das es neben sein Gesicht hält. Sonst nimmt es von nichts Notiz. Die Stimmen aus dem Radio klingen amerikanisch irgendwie.

Professionelle Schwimmer sind ja solche Aliens: hager-muskulös, silberne kahle Köpfe und viel zu große, leicht schräg stehende schwarzglänzende Augen.

Manche Frauen finden sich so super, dass sie in der Umkleide nur mit einem String bekleidet vor dem Spiegel rumhängen und sich zehn Stunden lang föhnen. Um dann den Pulli übers aufwändig Ondulierte zu ziehen? Bitte? Insgeheim und per Augenwinkel gieren die doch nur nach Neid.
Das find ich ungefähr so doof wie die phlegmatische Frau neben mir das Alleine-Grillen, wie ich ihrem Handtuch entnehme. Bodycheck ist ja normalerweise nicht meine Art, aber bei denen entdecke ich dann doch ganz gerne und ein bisschen erfreut die eine oder andere Cellulite-Delle.

Die Teeniejungs mir gegenüber unterhalten sich jetz auch über Glastische: "Ey, ich hab auch einen! Der hat so zwei goldene Delfine und die sind so gebogen, mitm Schwanz nach oben. Und der Schwanz ist gespalten, ne, und dadrauf liegt die Glasplatte." Das war zu viel! Jetzt fällt ihnen beiden zwei Stationen lang nichts mehr ein, worüber sie reden könnten. Und der Rest des Abteils denkt an den wunderbaren Tisch.

Und wieder so ein fantastischer Herbsttag. Bestimmt aber eine der letzten Möglichkeiten dieses Jahr, das Fenster runterzukurbeln, den Unterarm rauszuhänhgen, die Anlage aufzudrehen und durch Tegel-City zu cruisen. Hey, deutscher Schlager! Wo warst du so lange!

Der alte Mann in der U-Bahn bewundert mein Fahrrad und erzählt mir ganz stolz, dass er eben bei MacGeiz ein Fahrradschloss und eine Luftpumpe für je einen Euro gekauft hat. "Aber richtig billig ist das nicht, man muss das ja umrechnen. Den Euro wirds auch nicht mehr lange geben, die Tschechen und die Polen sind schon froh, dass sie den nicht haben."

Was bitteschön macht dieser Typ abends um neun - nach bereits fünf Stunden kompletter Dunkelheit und zunehmender Kälte - hier draußen? Er lehnt am Fensterbrett von einem Laden, und hat sein i-book neben sich. Hat er WLAN angezapft? Ich sitze seit zwanzig Minuten auf dem Fahrrad und mir wird gerade jetzt so langsam warm und ich bin bestimmt dicker angezogen als er.

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