mary-kay
es ist halb vier in der nacht und aus dem nichts kommt plötzlich die sinnkrise. was mache ich hier überhaupt? letztes jahr, mit cherri und angel, lange geplant, das machte sinn. war es richtig, wiederzukommen? habe ich hirnlos irgendeinem impuls nachgegeben? hab ich wohl, aber ist das gut? ist das nicht so gut?
die stadt ist so laut, immer noch, mitten in der nacht, es ist nie leise hier. tagsüber gehe ich blind straßen entlang und steige blind in u-bahnen, kenne wege auswendig, mache sie ohne fasziniertsein, weil ich sie machen muss, um da oder da hinzukommen. oh gott, wie in einer beziehung, wenn man plötzlich bemerkt, dass das gefühl des anfangs nicht mehr da ist, dass man sich dran gewöhnt hat, an alles. nichts faszinierendes mehr.
und dann momente wie heute mit m., als wir cider trinkend durchs eastvillage liefen und später 8-dollar-weißweinschorlen in dieser französischen bar tranken, in denen ich denke - zum glück bin ich endlich wieder hier. ok. jetzt kann ich beruhigt einschlafen. kann ich einschlafen? draußen ist es so laut.
als ich heute den jahresbeitrag für meine mitgliedschaft im metropolitan recreationcenter in brooklyn, 75 dollar, bar bezahlen will, reagiert die dame an der rezeption entsetzt. ich wisse wohl nicht wo ich hier wäre, in brooklyn, und das hier sei vielleicht das staatlich geförderte recreationcenter, hallo. abfälliger blick. da kann man nicht einfach so mal 75 dollar rumliegen haben, die werden doch sofort geklaut! ja, meine güte. so schlimm hier? von außen macht zumindest der swimmingpool einen ganz okayen eindruck. naja, der hier geht ja auch noch, meint die frau.
das lässt tief blicken. ich hasse hallenbäder, oder überhaupt bäder in denen mehr als 3 leute unterwegs sind, sowieso schon, weil sie mich wahnsinnig ekeln, und jetzt werde ich den gedanken an abgelöste pflaster, schwimmende hautfetzen, sperma und haargeruch nicht mehr los. schnell weg aus dem recreationcenter, ich überlegs mir nochmal.
ja, die wohnen hier halt am hafen, dachte ich mir, als ich gestern ein paar matrosen durch die straßen laufen sah. da sieht man schonmal matrosen. als heute morgen dann eine matrosenparade singend unter meinem fenster marschierte, dachte ich, tja, new york, eine ganz verrückte stadt. als dann aber heute die straßen vor matrosen nur so strotzten, kam mir in den sinn, dass das ein ausnahmezustand sein müsse. die fleet's week. die matrosen haben ausgang und gehen nach new york, weil da was los ist.
"what do you wanna drink?" ruft ein uniformierter dem rest seiner crew zu. es ist 11 uhr morgens, ich trinke gerade meinen kaffee. na, die sind ja gut drauf, diese matrosen. aber wir sind hier ja auch auf dem timessquare.
ich stelle mir vor, dass die jetzt alle erstmal in einschlägige bars gehen, solche, in denen es auch tagsüber dunkel ist. gentlemen's club. dabei sehen sie so rührend aus, wie kleine jungen auf familienfotos aus der buddenbrookszeit, mit ihren weißen hütchen und ihren matrosenkrägen und ihren sauberen schuhen.
nichts finde ich lästiger, kostet mich mehr überwindung, als eine leere klopapierrolle vom halter zu trennen und eine neue aufzuziehen. aufzuklemmen. wenn ich das machen muss, bekomme ich für eine minute oder so richtig schlechte laune. warum sind die nicht alle einfacher, praktischer konstruiert?
irre gesund. bin mitglied in einer swimmingpool- und gymkette geworden, habe mich in ungeahnte sushi-sphären gewagt und in einem health-center nicht nur fettfreien tofu sondern auch das gute ecover-bio-spülmittel entdeckt, seit jahren ein großer fan davon. damit werde ich almost-a-girl erstmal beeindrucken, den ich aber jetzt schon für die totale diva halte, weil er mich statt morgen erst am montag in der wohnung will. wochenends bekommt er nämlich besuch. also bleibe ich noch ein bisschen in der 49. straße, mein lager aufgeschlagen zwischen dusche, fernseher und mikrowelle. eigentlich auch ganz gemütlich.
i'm a lucky man. girl. und gerade zur vegetarierin geworden. sonst haette ich naemlich nicht das zimmer bekommen, das ich gerade bekam und ende der woche beziehen kann. naja, ich mache ja sowieso immer das, was mein grosser bruder gerade macht. also vegetarisch jetzt. rosa gestrichen ist es, das zimmer, mein mitbewohner ist eigenen aussagen zufolge almost a girl, und es gibt eine dachterrasse. good old williamsburg.
ansonsten gestern und heute sushi gegessen, und ich werde die naechsten tage nichts anderes zu mir nehmen. die gute, teure sushidiaet.
ich liebe alles hier. die dynamischen werbetexte im fernsehen, die u-bahnunterhaltungen, den geruch, den verkehr.
schlafe ein mit blick auf die manhattanhochhaeuser in hell's kitchen, werde wach von autos, schiffen und der feuerwehr.
von wegen. regen und kalt ist es. ich finde es aufregend, hier jetzt so lauter sachen zu machen, die ich sonst nur mit berlin verbinde. wohnung suchen, handyvertrag abschliessen, laptopdingens das in amerikanische steckdosen passt kaufen, sowas. werde mir im starbucks gleich einen kaffee mit viel splenda holen und der tag kann beginnen. noch nichtmal jetlagprobleme, bis 10 geschlafen. beim naechtlichen spaziergang gestern zufaellig c. auf der strasse getroffen. ich fuehle mich zu hause.