Ashling
Jahrelang war ich überzeugt, es hieße:
"... tausend tolle Suppen
gibt es überall zu sehen
manchmal muss man vorgehn
um sie zu verstehn..."
Das erklärt einiges: Ich immer ran an die Suppe, erste Reihe, das mit dem Verstehen kommt dann schon von alleine.
Zielstrebig steuern Hilfesuchende auf mich zu. "Das mach ich doch gern" sagt der Stift. Ich machs wirklich gern, ließe sich damit nicht auch Lebensunterhalt verdienen? Hätte ich doch Psychologie studieren sollen? - Psycho genugt bin ich ja ...
Der uralte Mann an der S-Bahn kommt auch auf mich zu: "Wo jkhasiurwc bwuhiax ln kyfjhj wö Berlin lkvjn shiusnxbjhks?" - "Nein, entschuldigung, wie bitte?" - Er etwas ungeduldiger: "Wo amkjxfhn hjsf xhsj buisxn huidshnf Berlin yku hcdjsknbfhui jh?" - "Hmm? Berlin? Nein?" - Jetzt guckt er schon ganz böse und sagt nachdrücklich: "Wo ysmnhs8ui kslumx oiufdm iusuncn oiusymcxjfkl hisoxncjkl csnuio Berlin ljmgcl uifdstgnh ufgzbc gfsubis isfzgnsj osfula?!!" Ich kann nur die Schultern zucken, den Kopf schütteln und einen entschuldigenden Gesichtsausdruck machen. Er winkt genervt ab, schüttelt auch seinen Kopf und geht mürrisch davon. Ich bin am Rande, mich schlecht zu fühlen, wende dann aber Psychotechniken an und denke mir: 'Nein, wofür denn!'
Auf den Klos bestätigt sich meine Vermutung: Männerüberschuss. So schlimm, dass die Männer aufs Frauenklo ausweichen und wir auch wieder warten müssen, na danke. "Yay!" denke ich erst, aber dann will ich doch wieder nur tanzen.
Ein Raureifmorgen in Kreuzberg. Auch hier an der Kreuzung ist kaum jemand unterwegs, sehr friedlich. Wäre nicht schlecht, demnächst mal an Handschuhe fürs Fahrrad zu denken.
Er sieht türkisch aus und ist in den besten Jahren, wie man so sagt (Was für ein Euphemismus! dachte ich früher. Inzwischen bin ich da milder drauf, weiß auch nicht wieso). Neben ihm steht so ein kariertes Einkaufswägelchen - bestimmt für den Markt. Nur er steht nicht oder geht, sondern liegt. Oh nein, schon wieder ein epileptischer Anfall? Aber nein (wie es jetzt in einem französischen Film heißen würde). Er macht nur Liegestütze. Einarmige. Ist doch klar.
Noch ist es diesig, aber es wird bestimmt ein schöner Tag.
Das Hummus, das ich mir gerade aus dem Kühlschrank geholt habe, wirft Blasen und erinnert mich an den Herrmann-Teig, der früher immer bei meinen Eltern im Kühlschrank stand. Schmeckt aber gut (und ist eigentlich auch ganz frisch).
Ja, da geht was. Die BVG löst da doch irgendwas aus. Vielleicht ist es ja diese gemeinsame klaustrophobe Ausweglosigkeit?
N. aus München hat im Juni in der S-Bahn F. kennengelernt - jetzt waren sie sogar schon zusammen im Urlaub. D. aus New York passiert es ständig. Und ich hab ja auch schon berichtet (allerdings ich mal wieder mehr so Spackmagnet).
Jetzt hat Madame Pernod mir dazu einen wertvollen Beitrag geschenkt. Er ist mit krakeliger Altherrenhandschrift auf ein Drittel der fleischfarbenen Rückseite eines persönlichen Financial Times Deutschland-Werbeanschreibens gekritzelt und stammt aus der S-Bahn. Ich habe lange dran rumkryptographiert und hier ist endlich das Ergebnis:
"78j. Mann Opa sucht netten Briefwechsel mit Jung/alt egal bei Bedarf - Sympathie u. Zuneigung Heirat - Hochzeit möglich.
Kontaktadresse: Rückporto/Foto beilegen
Herr Rudi S.
JVA - Ausbau 8
(...)"
Am Rand steht noch schräg: "ab Juni 05".
Wer die komplette Adresse will, kann sich gerne bei mir melden!
Spontanes Treffen mit alten Schulfreunden. G. und ich haben, als wir 14-17 waren, ungefähr jeden Tag miteinander verbracht. Und uns jetzt seit acht Jahren nicht mehr gesehen. Die Jungs, beide inzwischen Väter, hab ich immerhin letztes Jahr getroffen. T. will mir einreden, dass ich mal eine Schildkröte hatte. Eine Landschildkröte, da ist er ganz sicher. "Frag deine Mutter!" An den Namen kann er sich aber nicht mehr erinnern. Zum Glück, sonst hätt ichs fast selber geglaubt.
Ich zerr sie ins Rosis zur Indie-Night. Wir sitzen auf den Podesten und begutachten die 18jährigen um uns herum. Wie früher im BBC ("Bernhard-Bästlein-Club"), wo G. und ich mit 16 jedes Wochenende die Jungs aus der 12. von Ferne scheu beobachteten. Sie weiß sofort, was ich meine.
Pixies, Cure und Clash, das kennen wir doch - also tanzen. Bei Teenage Kicks muss ich leider aufs Klo. Auf dem Frauenklo gräbt mich einer der 18jährigen an. Die Transformation wirkt also auch nach außen!